Verschwörung ::Real!? | Teil 2
*Lesen Sie Teil 1 hier: https://itbuch.de/verschwoerung-real-teil-1/
Warum ist Schwarz-Weiß Denken im politischen Kontext so gefährlich?
Schwarz-weiß Denken vereinfacht politische Sachverhalte extrem und teilt alles in zwei alles andere ausschließende Pole ein. Alles ist entweder Gut oder Böse bzw. Richtig oder Falsch. Dadurch geht der Blick für die Komplexität politischer Zusammenhänge verloren. Politische Themen sind in der Regel sehr vielschichtig und haben viele Facetten – sie lassen sich nicht binär in Richtig oder Falsch einteilen.
Wenn Politiker oder Medien dennoch so argumentieren, können differenzierte politische Diskussionen nicht gelingen. Es entsteht eine undifferenzierte Freund-Feind-Logik, die zum Beharren auf den eigenen Standpunkten führt. Kompromisse und Abwägungen werden erschwert. Dies kann leicht zur Spaltung der Gesellschaft, bis hin zu Hass und Gewalt führen.
Auch Populismus macht sich schwarz-weiß Denken zunutze, indem komplexe Probleme auf einfache »Wir gegen die« – Botschaften reduziert werden. Vermeintlich eindeutige Feindbilder entstehen, denen man alle Schuld zuschieben kann. So lassen sich Ressentiments schüren und Wähler leichter mobilisieren – ohne differenzierte Lösungen bieten zu müssen.
Schwarz-weiß Denken verhindert also differenzierte Urteilsbildung und erschwert rationale, evidenzbasierte Politik. Stattdessen begünstigt es Populismus, Polarisierung und Feindbilder. Daher ist es für eine demokratische, konsensuelle Gesellschaft hochgradig schädlich.
Wie die schwarz-weiß Verschwörung die Welt in Atem hält
Hier einige aktuelle Beispiele für die fortschreitende Verbreitung schwarz-weißer Narrative und ihrer Bewegungen im weltweiten Kontext. Eine Ideologiestruktur, die inzwischen zu echten tatsächlichen Entscheidungen führt und rund um den Globus durch die Zuspitzung von gegensätzlichen Polen Hass und Gewalt erzeugt.
● In den USA bedient Donald Trump gezielt einen Gegensatz zwischen dem »guten, echten Amerika« und den vermeintlich »bösen« Eliten. Er spaltet die Gesellschaft und schwächt mit seinem undifferenzierten Freund-Feind-Denken die Demokratie. Er propagiert unter anderem ein einfaches Narrativ vom »bösen« Mexiko, das angeblich Gewalt und Drogen exportiere und daher mit einer Grenzmauer ausgesperrt werden müsse.
● In Brasilien spaltete Präsident Bolsonaro mit aggressiver Rhetorik gegen Linke, Aktivisten und Minderheiten, die er pauschal als Feinde der »rechtschaffenen brasilianischen Mehrheit« brandmarkte. So erließ er Verbote für angeblich »Gender-ideologische« Aufklärungsprojekte und erschwerte die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen.
● In Polen und Ungarn etablierten die nationalkonservativen Regierungen autoritäre Tendenzen, indem sie zwischen der »guten, patriotischen Mehrheit« und »illoyalen« Minderheiten wie der LGBTQ-Community unterschieden. Die Rechte dieser Gruppen wurden eingeschränkt und kritische Medien stärker kontrolliert.
● In Österreich bedient die rechtspopulistische FPÖ gezielt Ressentiments gegen Ausländer und Muslime und propagiert ein Freund-Feind-Narrativ zwischen dem »echten österreichischen Volk« und »illoyalen Minderheiten«. Nach dem Motto »Österreicher zuerst« wurden Maßnahmen gegen Zuwanderung ergriffen.
● In Frankreich versucht Marine Le Pen mit ihrer Partei Rassemblement National, einen Gegensatz zwischen dem »Volk« und den »abgehobenen Eliten« zu konstruieren. Sie nutzt nationalistische und fremdenfeindliche Stimmungen, um Wähler zu mobilisieren. Mit undifferenzierter Systemkritik stellt sie sich als einzige Vertreterin des »wahren Frankreichs« dar.
● Die Brexit-Kampagne in Großbritannien wurden maßgeblich durch vereinfachende Versprechungen der Brexiteers vorangetrieben. Sie behaupteten, ein Austritt aus der EU würde dem »Willen des Volkes« entsprechen und die Probleme des Landes lösen. Die Kampagne zeichnete ein schwarz-weiß-Bild zwischen britischer Selbstbestimmung und Fremdbestimmung durch die EU. Die Realität steht dem Diametral entgegen.
● In Skandinavien konnten rechtspopulistische Parteien in Ländern wie Schweden und Finnland mit Anti-Migrations-Kampagnen und einem Gegensatz zwischen dem »einheimischen Volk« und »fremden« Migranten punkten. Auch hier zeigt sich die Mobilisierung durch Freund-Feind-Bilder.
● In Italien konnte die postfaschistische Partei Fratelli d’Italia zuletzt große Wahlerfolge erzielen. Parteichefin Giorgia Meloni bedient nationalistische und fremdenfeindliche Stimmungen und stilisiert den Gegensatz zwischen dem italienischen Volk und der vermeintlichen Einwanderungs- und Genderpolitik der »Eliten«. Ihr vereinfachendes Narrativ findet derzeit viel Zuspruch.
● In den Niederlanden konnte der Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Freiheitspartei PVV punkten, indem er Stimmung gegen Muslime und Zuwanderer schürte. Er propagierte ein Bild der bedrohten niederländischen Identität durch den Einfluss des Islams.
● In Indien betreibt Premierminister Modi eine zunehmend hindu-nationalistische Politik, die alte Ressentiments gegenüber der muslimischen Minderheit instrumentalisiert. Modi und seine BJP-Partei konstruieren einen Gegensatz zwischen der hinduistischen Mehrheit und der muslimischen Minderheit.
● Der türkische Präsident Erdoğan nutzt ebenfalls eine polarisierende Rhetorik, um seine Machtbasis bei konservativen Muslimen zu festigen. Er stilisiert einen Widerspruch zwischen frommen, echten Türken und dem dekadenten Westen bzw. den vermeintlich illoyalen Kurden.
● Auf den Philippinen betreiben Populisten wie Duterte einen rigiden Law-and-Order-Kurs, der vorgibt, die Interessen des einfachen Volkes gegen Kriminelle und Drogenhändler durchzusetzen. Dabei diffamiert Duterte gezielt auch politische Gegner und Journalisten.
Wie schwarz-weiß Bewegungen Medien, Gesellschaft und Politik mithilfe von IT-Technologie manipuliert haben
Hier sind 13 Beispiele für faktisch nachgewiesene Fälle, bei denen Bewegungen, die schwarz-weiß Narrative in ihren ideologischen Konstrukten verwenden, das Internet, die Medien und die Gesellschaft mithilfe von Computer- und Informationstechniken manipuliert haben:
1. Brexit-Kampagne (2016): Die Pro-Brexit-Kampagne nutzte erfolgreich Social-Media-Algorithmen, um bestimmte demografische Gruppen mit genauen und oft irreführenden Botschaften zu erreichen. Sie nutzten Data-Mining, um Wählerprofile zu erstellen und genau zu bestimmen, welche Botschaften am besten für bestimmte Gruppen geeignet waren. Auch wurden Fehlinformationen, wie das berüchtigte „£350 Millionen pro Woche für die NHS“-Busplakat, genutzt, um die Meinung der öffentlichen Wähler zu beeinflussen. (Quellen: 1 | 2 | 3)
2. Die Trump-Kampagne (2016): Donald Trumps Wahlkampfteam nutzte Microtargeting-Techniken zur gezielten Beeinflussung von Wählern auf Basis ihrer Interessen und Bedenken. Sie verwendeten auch die sozialen Medien, um eine permanente Präsenz aufzubauen und Diskurse zu kontrollieren. Falschinformationen und Verschwörungstheorien wurden verbreitet, um das Image von Trumps Gegnern zu untergraben und seine eigene Popularität zu steigern. (Quellen: 1 | 2 | 3)
3. Cambridge Analytica-Skandal (2018): Mithilfe von Facebook-Daten, die ohne die Zustimmung der Nutzer gesammelt wurden, baute Cambridge Analytica detaillierte psychologische Profile auf und wendete Microtargeting-Techniken an, um gezielte politische Werbung zu verbreiten. Sie arbeiteten für mehrere politische Kampagnen, darunter die von Trump und dem Brexit, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. (Quellen: 1 | 2 | 3)
4. Bolsonaro-Wahlkampagne in Brasilien (2018): Während des brasilianischen Präsidentschaftswahlkampfes von 2018 nutzte Jair Bolsonaro und sein Team Social-Media-Plattformen, um Desinformation und populistische Botschaften zu verbreiten. Ihre Strategie umfasste die Verwendung von WhatsApp, um Falschinformationen, Verschwörungstheorien und Angriffe auf gegnerische Kandidaten zu verbreiten. Das Ziel dieser Aktionen war es, die öffentliche Meinung auf ihre Seite zu ziehen und die Wahl zu gewinnen, was letztlich gelang. Die Methoden wurden als manipulativ und irreführend kritisiert, aber sie waren effektiv in Bezug auf das politische Ziel von Bolsonaros Team. (Quellen: 1 | 2 | 3)
5. Manipulation der öffentlichen Meinung in Indien durch IT-Cellen (2019): Politische Parteien wie die BJP und die INC setzten IT-Zellen zur strategischen Verbreitung von Fehlinformationen und Propaganda in sozialen Medien ein. Dies wurde genutzt, um politische Gegner zu diskreditieren und die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren, hauptsächlich in der Vorbereitung auf die allgemeine Wahl 2019. (Quellen: 1 | 2 | 3)
6. Polnische Justizrechtskrise (2015–2020): Die Regierungspartei PiS nutzte die Medien, um Fehlinformationen zur Unterstützung ihrer umstrittenen Justizreformen zu verbreiten. Sie porträtierten die Reformen als Versuch, das Justizsystem zu »entkommunisieren« und jeden Widerstand als Bemühungen der Opposition, korrupte Praktiken zu schützen. (Quellen: 1 | 2 | 3)
7. Manipulation in philippinischen Wahlen (2016): Rodrigo Duterte nutzte Social-Media-Kanäle und bezahlte »Trolle«, die Inhalte mit Pro-Duterte-Kommentaren überschwemmten und Anti-Duterte-Stimmungen unterdrückten. Diese Praxis wurde verwendet, um eine Fehleinschätzung der öffentlichen Unterstützung für Duterte zu erzeugen. (Quellen: 1 | 2 | 3)
8. Italienische Fünf-Sterne-Bewegung (2013): Sie nutzten Rousseau, ein Online-Votingsystem, um Parteifragen zu entscheiden, was als Möglichkeit zur Erleichterung der direkten Demokratie angepriesen wurde. Kritiker argwöhnten jedoch, dass die Plattform genutzt wurde, um populistische Maßnahmen voranzutreiben und Mitglieder durch manipulative Techniken zur Unterstützung bestimmter Maßnahmen zu bringen. (Quellen: 1 | 2 | 3)
9. Ungarische Anti-Flüchtlings-Kampagne (2015): Viktor Orbáns Regierung nutzte Social-Media-Kanäle und staatlich kontrollierte Medien, um fremdenfeindliche Stimmungen und anti-EU-Propaganda zu verbreiten. Ziel war es, Wähler mittels Angst vor Migranten und muslimischem Einfluss zu beeinflussen. (Quellen: 1 | 2 | 3)
10. Alternative für Deutschland (AfD) und Social Media Manipulation: Die AfD nutzte primär Social Media, um zu polarisieren und das gesellschaftliche Klima in Deutschland zu verändern und den Diskurs zu verschieben. Sie verbreiteten oft Falschinformationen und hoch polarisierende Inhalte über Themen wie Zuwanderung und Islam. Nur ein Beispiel unter vielen: AfD-Politiker Norbert Kleinwächter hetzte mit unechten KI-Bildern gegen Geflüchtete. Die Täuschung zeigt aber auch die ungeschminkte Realität des Rassismus. (Quellen: 1 | 2 | 3)
11. Manipulation auf Twitter durch »Mazedonische Fake News Factories« (2016): Gruppen von Jugendlichen in Mazedonien erstellten und verbreiteten über soziale Medien gefälschte Nachrichten über die US-Wahlen, um Online-Werbeeinnahmen zu generieren. Ihre Inhalte waren meist Pro-Trump und Anti-Hillary, was angeblich zum überraschenden Sieg von Trump beigetragen haben soll. (Quellen: 1 | 2 | 3)
12. Skandal um die Internet-Research Agency in Russland (2013–2015): Diese Trollfabrik wurde von der russischen Regierung unterstützt und hatte zum Ziel, die öffentliche Meinung durch die Verbreitung von Fehlinformationen, dem Schüren von Konflikten und die Förderung von Spaltungen zu beeinflussen. Sie erstellten gefälschte Social-Media-Konten, um als Amerikaner zu agieren und mischten sich in zahlreiche politische Debatten ein. Die produzierten Nachrichten waren vorwiegend an politisch weit links stehende Leser gerichtet und hatten das Ziel, die Anhänger von der Wahl Joe Bidens abzuhalten, indem sie ihm »rechten Populismus« unterstellten. (Quellen: 1 | 2 | 3)
13. Gezielte Desinformation vor den taiwanischen Wahlen (2020): Chinesische Troll-Fabriken wurden beschuldigt, in großem Umfang Desinformationen und Propaganda zu verbreiten, um das Wahlergebnis in Taiwan zu beeinflussen. Es wurde vielfach vermutet, dass die Kampagne darauf abzielte, die pro-unabhängige Präsidentin Tsai Ing-wen zu untergraben und pro-chinesische Kandidaten zu unterstützen. (Quellen: 1 | 2 | 3)
Beispiele für schlechte politische Entscheidungen, bei denen ein schwarz-weiß Schema zur Durchsetzung eine Rolle spielte
Die folgenden Beispiele für politische Entscheidungen der letzten 20 Jahre weisen eine gemeinsame Charakteristik auf: bei allen spielte ein schwarz-weiß Schema eine wesentliche Rolle. Ein solches Denkmuster neigt dazu, die politische Realität zu vereinfachen und komplexe Probleme auf zwei gegensätzliche Standpunkte zu reduzieren. Anstatt die vielen Graustufen und vielschichtigen Aspekte von politischen Fragen zu erkunden, wird die Situation oft auf ein Entweder-oder-Szenario reduziert.
Dieser Ansatz hat zwar den Vorteil, dass er die Komplexität politischer Entscheidungen reduziert und sie für die Öffentlichkeit leichter verständlich macht. Gleichzeitig birgt er jedoch die Gefahr, dass wichtige Aspekte und nuancierte Standpunkte übersehen werden. Es besteht das Risiko, dass dadurch Entscheidungen getroffen werden, die nur einseitig sind und möglicherweise den langfristigen Konsequenzen oder den Bedürfnissen verschiedener Gruppen nicht gerecht werden.
Einige Beispiele:
● Der Krieg der USA im Irak (2003): Bezeichnet als »Gut gegen Böse« ohne Berücksichtigung der komplexen geopolitischen Situation.
● Brexit Referendum (2016): Diskussion wurde oft auf »In oder Out« reduziert, ohne detaillierte Auseinandersetzung mit den Konsequenzen.
● Griechische Finanzkrise (2010): Griechenland wurde strengen Sparmaßnahmen unterzogen, die Armut und Arbeitslosigkeit verschärften, anstatt Alternativen zu suchen. Die Konstruktion der »Faulen Griechen« verschärfte eine »Wir gegen Die«- Situation in den Geberländern.
● Ungesicherte Grenzen in der EU während der Flüchtlingskrise (2015): Ein komplexes Problem wurde oft auf »Pro oder Kontra Migration« reduziert.
● Ablehnung des Kyoto-Protokolls durch die USA (2001): Ein komplexes Umweltthema wurde auf »Wirtschaft vs. Umwelt« reduziert.
● Die Einführung von Hartz IV in Deutschland (2005): Eine komplexe wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahme wurde umgesetzt, ohne auf Bedenken hinsichtlich sozialer Ungleichheit einzugehen. Schwarz-weiß Narrative, die bei der Durchsetzung eine Rolle spielten:
- Arbeitsunwillige vs. Fleißige Arbeitnehmer
- Soziale Gerechtigkeit vs. Wirtschaftlicher Wachstum
- Bürokratieabbau vs. Sozialstaat
- Eigenverantwortung vs. staatliche Fürsorge
● Die Ablehnung des Pariser Klimaabkommens durch die USA (2017): Ein komplexes internationales Abkommen wurde auf »nationales Interesse vs. globale Verpflichtungen« reduziert.
● Die Errichtung der Mauer an der Grenze zu Mexiko durch die USA (2016): Ein komplexes Einwanderungsproblem wurde auf »Kriminelle im Inland vs. Mauer an der Grenze« reduziert.
● Die Demonetisierung in Indien (2016 – 500- und 1000 Rupienscheine nicht mehr als Zahlungsmittel gültig): Ein Versuch, Korruption zu bekämpfen, bei dem schwarz-weiß Narrative zur Durchsetzung missbraucht wurden, ohne Berücksichtigung möglicher negativer Auswirkungen.
● Die Entscheidung, verschiedene Handelsabkommen durch die USA zu verlassen oder neu zu verhandeln (z.B. TPP, NAFTA).
● Die Entscheidung von Australien, eine harte Linie gegen Bootsflüchtlinge zu fahren (2013).
● Die Einführung der »Null-Toleranz« Einwanderungspolitik in den USA (2018).
● Die Entscheidung Russlands, die Krim zu annektieren (2014), welche auf »Pro-Russland oder Pro-Ukraine« reduziert wurde.
● Die Entscheidung Chinas, sowohl interne als auch ausländische Kritik an den Uiguren-Lagern zu ignorieren (2014-heute) Chinas verwendet verschiedene Narrative, um die Einschränkung von Menschenrechten zu rechtfertigen. (Bekämpfung des Terrorismus, Förderung der sozialen Stabilität, Schutz der nationalen Sicherheit …)
● Der Austritt aus dem UN-Menschenrechtsrat durch die USA (2018) als »nützlich vs. nicht nützlich«.
● Die Entscheidung Frankreichs, das Tragen von religiösen Symbolen in Schulen zu verbieten, welche auf »Laizität vs. Religion« reduziert wurde (2004).
Warum ist Nationalismus schwarz-weiß Denken?
Ein Kennzeichen des Nationalismus ist die Höherwertigkeit der eigenen Nation, die als gut und überlegen angesehen wird. Andere Nationen und Völker werden demgegenüber abgewertet und als minderwertig betrachtet. Hier zeigt sich bereits die typische schwarz-weiß Einteilung in Freund und Feind.
Dazu kommt die Vorstellung, dass die Interessen der eigenen Nation immer absolut im Vordergrund stehen und mit allen Mitteln durchgesetzt werden müssen. Dies fördert eine undifferenzierte Freund-Feind-Denkweise auch gerade in internationalen Beziehungen. Die Komplexität der globalen Verflechtungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wird weitgehend ignoriert.
In Wirklichkeit sind die nationalen Identitäten heute aber vielfältiger und durchlässiger geworden. Moderne Gesellschaften sind multikulturell geprägt, internationale Kooperation ist für den Wohlstand, Klimaschutz und Frieden unerlässlich. Die globalen Herausforderungen wie Pandemien oder der Klimawandel zeigen, dass ein Denken in nationalen Kategorien veraltet ist.
Nationalismus spaltet die Gesellschaften und erschwert rationale politische Entscheidungen. Die Probleme der Gegenwart lassen sich nur gemeinsam über Ländergrenzen hinweg lösen. Daher ist Nationalismus ein Anachronismus, der der Komplexität der heutigen Welt nicht mehr gerecht wird. Für Frieden und Wohlstand braucht es ein realistisches, differenziertes Denken jenseits nationaler Engstirnigkeit.
Warum ist Rassismus schwarz-weiß Denken?
Rassismus ist eine Denkweise und Einstellung, die bestimmte Gruppen von Menschen ablehnend, diskriminierend und feindselig behandelt. Kernmerkmal dieser Sichtweise ist, dass über eine Gruppe verallgemeinernde, stereotype Annahmen aufgestellt werden. Die individuellen Unterschiede zwischen den Mitgliedern der Gruppe werden dabei ignoriert. Stattdessen wird die Gruppe fälschlicherweise als völlig homogen und undifferenziert wahrgenommen. Eigenschaften einzelner Mitglieder der Gruppe werden zum Teil absichtlich allen zugeschrieben.
Kern des Rassismus ist die Einteilung von Menschen in vermeintliche »Rassen« und die Abwertung von Personen aufgrund äußerlicher Merkmale wie Hautfarbe oder der Religionszugehörigkeit. Menschen werden dabei stereotyp in »gute, überlegene« und »schlechte, minderwertige« Rassen eingeteilt. Oftmals wird mit einem schwarz-weiß Narrativ (gut vs. böse) ein Kampf zwischen Kulturen stilisiert. Dies führt zu einer undifferenzierten schwarz-weiß Kategorisierung, die die tatsächliche Vielfalt innerhalb der Gruppen ignoriert.
Rassisten beurteilen Menschen nur aufgrund willkürlich definierter äußerer Merkmale, ohne die individuellen Eigenschaften, Fähigkeiten und Lebensumstände zu berücksichtigen. Dadurch entstehen negative Vorurteile, die vielfach in Menschenfeindlichkeit resultieren.
Die moderne Gesellschaft ist aber durch die Globalisierung und Migration sehr vielfältig geworden. Es gibt keine homogenen Rassen oder Kulturen. »Wir« und »die Anderen« sind ausdifferenziert und durchmischt. Diese komplexen, fließenden Übergänge und die Individualität jedes einzelnen Menschen bleiben im rassistischen Denken unsichtbar.
Rassismus spaltet die Gesellschaft, schränkt die Entwicklungschancen von Minderheiten ein und fördert Hass. Um im 21. Jahrhundert friedlich zusammenzuleben, müssen die Menschen differenziert als Individuen betrachtet werden – nicht als Mitglieder vermeintlicher »Rassen« und Gruppen. Rassismus ist daher ein fataler Anachronismus im Widerspruch zur Zeit.